Eiszeiten auf dem Mars

von Gunnar Ries

Daß die Erde Perioden mit unterschiedlichem Klima durchlaufen hat, ist bestens bekannt. Aber auch unser Nachbarplanet Mars könnte eine bewegte Klimageschichte aufweisen. So sind auf dem Mars nicht nur deutliche Hinweise auf die einstige Anwesenheit von fließendem Wasser vorhanden (PARKER et al. 1989, BAKER et al. 1991, KARGEL & STROM 1992a,1992b, 1997, MORRISON 1995, HEUSELER et al. 1998) und damit Zeichen für Zeiten mit einem wesentlich milderen Klima als heute. Nach KARGEL & STROM 1992 a und 1992b finden sich auch Hinweise auf eine ausgedehnte Vergletscherung weiter Gebiete auf dem Mars.

Heute bietet der Mars hingegen keine guten Bedingungen für fließendes Wasser. Mars ist ein recht kleiner Planet, sein Durchmesser ist mit 6787 Kilometern etwas größer als der halbe Erddurchmesser, seine Masse ist nur etwa 11% der Erdmasse. Daher ist die Schwerkraft auch geringer, sie beträgt rund 1/3 der Schwerkraft auf der Erde. Die Atmosphäre hat nur knapp 1% des Drucks der Erdatmosphäre. Das Klima ist kalt und trocken, an den Polen kann das Quecksilber auf Werte unter -123°C fallen, am Äquator ist es durchschnittlich -60°C kalt. Nur in den Mittagsstunden schafft es die Sonne hier, Temperaturen über dem Gefrierpunkt zu ermöglichen. An den Polen bildet Kohlendioxid Polkappen aus Trockeneis und im Winterhalbjahr bringen Blizzards meterhohen Neuschnee aus Trockeneis. Im Laufe seiner Geschichte muß der Planet aber auch Perioden mit günstigerem Klima durchlaufen haben, so weisen ausgedehnte Netzwerke von Flußsystemen auf flüssiges Wasser hin (HEUSELER et al. 1998) und nach PARKER et al. (1989) soll es sogar einen kleinen Ozean, den Oceanus Borealis, gegeben haben. KARGEL & STROM (1997) schätzen seine Ausdehnung auf die Größe des irdischen Polarmeeres. Nach KARGEL & STROM /1992a, 1992b, 1997) soll auch ein erheblicher Teil der Marsoberfläche zumindest zeitweise vergletschert gewesen sein. So deuten sie wallartige Strukturen in einigen Gebieten der Marsoberfläche als Oser. Diese Deutung wurde erstmals von CARR et al. (1980) vorgeschlagen, aber andere Deutungen dafür waren Dünen (PARKER et al. 1989, RUFF & GREELY 1990), Lavaströme (TANAKA & SCOTT 1987) oder herausgewitterte magmatische Dykes (CARR et al. 1980).

Bislang schienen weitere glaziale Formen auf der Marsoberfläche aber zu fehlen. KARGEl & STROM (1992a, 1992b, 1997) haben jetzt aber weiter glaziale Landschaften identifiziert. Viele dieser Formen treten im Gebiet zweier riesiger Einschlagskrater auf der südlichen Hemisphäre, Argyre und Hellas, auf. Argyre liegt im Mittel bei 51°S auf dem 42 Längengrad und hat einen Durchmesser von gut 900 Kilometern. Nach KARGEL & STROM (1992a) befinden sich hier viele glaziale Geländeformen wie Oser, Tunneltäler, von Gletschern geformte Berge, Blockgletscher und Schmelzwassersedimente. Das Akkumulationsgebiet des Argyre-Gletschers waren die Berge des Kraterwalls, von denen sich das Eis in das Becken hinein bewegt haben muß.

Das Hellas-Becken ist mit rund 1800 Kilometern Durchmesser noch größer als Argyre und liegt mit 45°S und 290° L ebenfalls auf der Südhalbkugel. Die glazialen Verhältnisse für dieses Gebiet zeigt Abb. 1. und Abb. 2. Hier bewegte sich der Gletscher von einem großen Schildvulkan am Rande des Beckens bis auf den Beckenboden und hinterließ dabei neben Osern und Drumlins parallel zur Fließrichtung auch moränenartige Gebiete quer dazu. Ein Kliff könnte auf einen zumindest zeitweiligen See vor dem Gletscher hinweisen. Die Tiefe der Gletschererosion wird von KARGEL & STROM (1992a) mit durchschnittlich 200 m angegeben, aber maximal 500 m erreicht haben. Dieses soll mit den Ablagerungen auf dem Beckenboden konsistent sein.

Karte der glazialen Geomorphologie der Hellas Region (nach KARGEl & STROM 1992 a)

 

Topgraphische Konturen in km, mutmassliche Richtung der Eisbewegung in der Hellas Region (nach KARGEL & STROM 1992 a)

Weite Gebiete der Südpolarregion und der nördlichen Ebenen weisen nach KARGEL & STROM (1992a) ebenfalls glaziale Formen auf, wobei die Grenze der südlichen Vereisung bei ungefähr 40°S gelegen haben muß da sich hier der Übergang von Erosion zu Sedimentation befindet. Dies legt die Vermutung nahe, daß die Vergletscherung auf zwei größere Eisschilde auf den beiden Hemisphären hin, zeigt aber auch, daß die Vergletscherung nicht global gewesen ist. Nach KARGEL & STROM (1992) sollen rund 18% der Marsoberfläche vergletschert gewesen sein.

 

Literatur

BAKER, V.R., STROM, R.G., GULICK, V.C., KARGEL, J.S., KOMATSU, G., KALE, V.S. (1991): Ancient oceans, ice sheets and the hydrological cycle on Mars. Nature, Vol. 352, p. 589-594.

CARR MH. Und 12 weitere (1980): Viking Orbiter Views of Mars. Washington D.C., Government Printing Office, p. 136.

HEUSELER, H., JAUMANN, R., NEUKUM, G. (1998): Die Mars Mission - Pathfinder, Sojourner und die Eroberung des Roten Planeten. BLV, München, 159 S.

KARGEL, J.S., STROM, R.G. (1992a): Ancient Glaciation on Mars. Geology Vol. 20(1), p. 3-7.

KARGEL, J.S., STROM, R.G. (1992b): The Ice Ages of Mars. Astronomy, Vol. 20 (12), p. 40-45.

KARGEL, J.S., STROM, R.G. (1997): Die Klimageschichte des Mars. Sprktrum d. Wiss. Januar 1997, p. 50-59.

MORRISON, D. (1995): Planetenwelten. Eine Reise durch das Sonnensystem. Spektrum Akad. Verlag, Heidelberg. P. 115-149.

PARKER, TJ., SAUNDERS, R.S., SCHNEEBERGER, D.M. (1989): Transitional morphology in the west Deuteronilus Mensae region of Mars: Implications for modification of the lowland/upland boundary. Icarus, Vol. 82, p. 111-145.

RUFF, S.W., GREELY, R. (1990): Sinuous ridges of the south polar region , Mars: Possible origins. Lunar and Planetary Science XXI, p. 1047-1048.

TANAKA, K.L., SCOTT, D.H. (1987): Geologic map of the polar regions of Mars. US Geological Survey Misc . Inv Map I-1802-C, 1:15 000 000.

First published in Geschiebekunde aktuell 15 (4), p 113-115